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Wissenschaftssprache Deutsch: lesen − verstehen − schreiben

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Ein Lehr- und Arbeitsbuch   von Gabriele Graefen und Melanie Moll

Aufgaben: [ 8.2.5 | 8.2.6 | 8.3.3 | 8.3.5 | 8.3.6 | 8.4.3 | 8.4.6 A1 | 8.4.6 A2 | 8.4.7 | 8.4.8 | 8.5.1 | 8.6.1 | 8.6.2 | 8.6.3 ]

Wissenschaftssprache Deutsch:
lesen – verstehen – schreiben

Ein Lehr- und Arbeitsbuch

Gabriele Graefen / Melanie Moll

Aufgaben mit Lösungen


8 Lexik und Stil

8.2 Stilformen und Stilwandel

8.2.5 Schreibübung und Textanalyse: Stilelemente feststellen


Aufgabe: Lesen Sie Text 4 und beantworten Sie schriftlich die Frage, wogegen sich diese Satire richtet. Die „Festrede“ ist in einem sehr traditionellen Stil geschrieben. Unterstreichen Sie die Ausdrücke und Fügungen, die Ihnen als traditionell oder veraltet erscheinen.

Wissenschaft als Zitat

(Festrede zur Eröffnung des Instituts für Zitierbetriebswirtschaft (IZB) an der Universität Bielefeld am 16. März 1989)

Gregor Ableiter

Verehrte Frau Prof. Wirrlein, liebe Kollegen,
der Anlaß, der uns heute hier vereint, hat historische Dimension. Mit der Gründung des Instituts für Zitierbetriebswirtschaft (IZB) an der Universität Bielefeld wird eine Lücke geschlossen, die viele Wissenschaftler schon seit Jahren schmerzlich empfunden haben: Trotz ihrer eminenten Bedeutung für den Wissenschaftsbetrieb fehlte der Zitatologie eine Heimstätte. Der allgemein blühende Zitierbetrieb an den deutschen Hochschulen, in den Instituten und Gelehrtenstuben entbehrte so letztlich der ordnenden Hand.

De facto ist die Zitatologie ja so alt wie der Wissenschaftsbetrieb selbst. Schon Duns Scotus sprach 1279 von dem furor zitandi* der deutschen Thomisten. Ist es nicht ein erhebender Gedanke, daß die modernste banalwissenschaftliche Veröffentlichung des Jahres 1993 durch eine ununterbrochene Kette der Zitatenfolge mit den Scholasten des Mittelalters verbunden ist? Verzeihen Sie mir den vielleicht etwas gewagten Vergleich mit Schnitzlers „Reigen“, aber er drängt sich geradezu auf: Hier wie dort wird Kontinuität gewahrt!

Prof. Johann B. Deutend ist in seinem richtungsweisenden Werk „Zitat als Wissenschaft“ eine deutologische Fundierung der Zitatologie gelungen. Er begreift Wissenschaft als Zitat der Wirklichkeit, und er weist damit dem Zitat in der Wissenschaft eine moralisch-hermeneutische Zentralfunktion zu. Das Zitat wird ihm zum Eigentlichen, auf das sich Wissenschaft bezieht, er spricht von der „zitatzentrierten Wissenschaft“. In Abwandlung des bekannten Spruchs „The medium is the message“ postuliert er: „Das Zitat ist die Wissenschaft“. Ohne Zitat keine Wissenschaft, während sich sehr wohl ein Zitat ohne Wissenschaft denken läßt.

* furor zitandi: Zitierwut

(aus: Wunderlich 1993, S. 131)

Lösung:

Zu dieser Aufgabe wird keine Lösung vorgegeben, da ein „Modelltext“ dazu verleiten könnte, andere, gelungene Texte mit dem Modelltext zu vergleichen und sie zu Unrecht als weniger gelungen zu beurteilen.

 ©   G. Graefen / M. Moll, München, 2011